Bernarda
(nach: Federico García Lorca)
La Poncia
Erster Akt
Mit der anderen Magd
Bernarda tyrannisiert alle. Sie setzt sich auf dein Herz und sieht zu, wie du ein Jahr lang stirbst - ohne daß sie ihr kaltes Lächeln verliert.
Sie ist die Allersauberste, die Allerehrbarste. Ihr armer Mann hat sich die Ruhe wohl verdient.
Dreißig Jahre esse ich ihre Reste. Durchwachte Nächte, wenn sie hustet. Sie schickt mich, um die Leute auszuspionieren. Ein Leben ohne Geheimnisse voreinander. Ich bin ihr Auge, ihr Ohr, ihr Mund. Und dennoch: sie sei verflucht! Ich beneide sie nicht um ihr Leben, um ihre häßlichen, alten Töchter.
Und dir, dir wird der Herr bekreuzigt sich nicht mehr die Unterröcke hochheben hinter der Stalltür, mein Aschenputtel.
Sie kommen!
Allein
Gelobt sei Gott, sagt sie, und denkt an den Priester. Rankt sich um Männerhitze, alt und geil unterm schwarzen Gewand.
Mit Bernarda
Das ganze Dorf ist gekommen, beklag dich nicht, auch wenn du glaubst, daß sie dein Wasser vergiften. Du kannst acht Trauer-Jahre lang tun, als ob die Türen und Fenster mit Ziegeln vermauert wären. Du kannst deine Töchter Aussteuer sticken lassen, im dunklen Zimmer. Das bringt das Frauendasein mit sich, du wirst sie quälen. Es wird getan, was du befehlst. Keine darf den Männern Augen machen.
Bernarda! Beruhige Dich, sie hat das getan, ohne sich darüber klar zu sein, daß es schlecht ist, die Männern zu belauschen.
Wovon sie geredet haben? Komm näher! Von den Brüsten Paca la Rosetas, die herausquollen des Nachts auf dem Weg zu den Olivenhainen, gehalten von Maximiliano, als wenn er Gitarre gespielt hätte. Dann ist geschehen, was geschehen mußte. Hiesige Männer tun so etwas nicht, zum Publikum in aller Öffentlichkeit.
Du willst wissen, ob sie noch mehr ölige Geschichten erzählt haben? Ich schäme mich, davon zu sprechen. Aber gut. Ich diene, du zahlst. Wir haben Vertrauen zueinander, oder nicht?
Du hättest in ein anderes Dorf ziehen sollen, mit deinen Töchtern. Keine hat je einen Freier gehabt, weil du glaubst, daß ihr besser seid, daß die Männer nicht von Stand sind.
Mit den Töchtern
Pepe el Romano ist fünfundzwanzig Jahre alt. Gut gebaut, was? Die beste Partie weit und breit. Natürlich wäre, wenn er um Adela anhielte, mit ihren zwanzig Jahren, jung in der Blüte. Nicht aber, daß er das Verborgenste unseres Hauses sucht, Angustias, die wie ihr reicher Vater näselt. Doch Geld ist allmächtig. Vielleicht ist er darum hinter dem Trauerzug hergegangen und hat ins Haustor gestarrt. Dieser Mensch ist zu allem instande. Was kümmert Männer die Häßlichkeit! Ihnen liegt am Land, an den Ochsen und einer unterwürfigen, läufigen Hündin, die ihnen zu essen gibt.
Auch Adelas Haut wird wie die Jungfern-Haut ihrer Schwestern altern. Eingesperrt. Sie wird ihre Frische in diesen Zimmern verlieren.
Mit Bernarda
Eine Menge Geld für Angustias. Den anderen bleibt bedeutend weniger. Viel weniger. Verdammte Erbteilung, sagt Mutter Bernarda.
Mit Bernarda und Angustias
Sie hat es gewagt, sich zu pudern. Am Todestag ihres Stiefvaters.
Mehlfratze, sagt Mutter Bernarda.
Nimm sie doch nicht so ins Gebet.
Alle
Macht euch keine Hoffnungen, daß ihr es mit mit aufnehmen könnt, sagt Mutter Bernarda, bevor ich nicht mit den Füßen voran dieses Haus verlasse, bestimme ich über eure Angelegenheiten.
Zweiter Akt
Mit den Töchtern, ohne Adela
Adela, fehlt dir etwas? Ich finde dich unruhig, furchtsam, erschreckt, als wenn du eine Eidechse zwischen den Brüsten hättest.
Doch dir fehlt wohl nur, was euch allen fehlt, außer Angustias.
Es war ein Uhr nachts, ich konnte vor Hitze nicht schlafen. Feuer stieg aus der Erde. Angustias und Pepe standen immer noch am Fenster. Um halb zwei habt ihr euch getrennt, gegen vier Uhr habe ich ihn weggehen hören.
Du wärst ihm eine gute, anständige Frau.
Das erste Mal als mein Mann, Evaristo el Colín, an mein Fenster kam... Ha, ha, ha. Es war sehr dunkel. Ich sah ihn herankommen, und als er dastand, sagte er: Guten Abend. Guten Abend, sagte ich, und wir bliebenmehr als eine halbe Stunde stumm. Der Schweiß lief mir am ganzen Leib hinab. Dann kam Evaristo ganz nah heran, als ob er durch das Eisengitter wollte, und sagte sehr leise - komm, ich möchte dich mals befühlen.
Da ihr ledig seid, müßt ihr wissen, daß der Mann vierzehn Tage nach der Hochzeit das Bett mit dem Tisch, dann den Tisch mit der Schenke vertauscht, und wer damit nicht einverstanden ist, verkommt weinend in einer Ecke. Doch ich war ihm über. Ich habe ihn manchmal verdroschen. Ich bin bei eurer Mutter in die Lehre gegangen.
Wo ist Adela? Sie ist bestimmt krank.
Mit allen Töchtern
Du bist am ganzen Leib wie zerschlagen. Hast du nicht gut geschlafen?
Mit Adela
Es sind deine Schwestern! Martirio liebt dich am meisten. Du bist ihrem Buckel überlegen.
Dein Leib soll dem gehören, den du liebst - Pepe el Romano. Ist es nicht so? Glaubst du, ich hätte es nicht bemerkt? Schlag dir diese Gedanken aus dem Kopf! Ich weiß nicht, was du vorhast. Warum warst du fast nackt bei Licht und offenem Fenster, als Pepe zum zweiten Mal kam, um mit deiner Schwester zu sprechen? Bezwing dich! Du kannst ihn heiraten. Deine Schwester Angustias ist krank. Sie übersteht die erste Geburt nicht. Sie hat schmale Hüften und ist alt. Dann wird Pepe die Jüngste und Schönste heiraten. Nähre diese Hoffnung, aber übertritt nicht Gottes und Bernardas Gebot.
Ich muß dein Schatten sein.
Ich wache, damit die Leute nicht ausspeien, wenn sie an dieser Tür vorbeigehen. Du mußt das Feuer löschen, daß dir in den Schenkeln und im Mund brennt.
Auch wenn dir so ist, wenn du in seine Augen blickst, als ob du langsam sein Blut trinkst. Auch wenn du ihn liebst, laß ab von ihm.
Mit den Töchtern
Sie kommen von der Arbeit zurück. Gestern früh sind die Schnitter gekommen. Die Schnitter. Vierzig oder fünfzig stramme Schnitter, Schnitter aus den Bergen. Lustig. Gestern abend kam eine Frau im Flitterkleid ins Dorf. Sie tanzte, und fünfzehn machten mit ihr ab, sie ins Olivenwäldchen mitzunehmen. Der die Abmachung mit ihr traf, war ein Schnitter mit grünen Augen und straff, straff wie eine Weizengarbe.
Die Männer haben so was nötig. Ihnen sieht man alles nach. Als Frau geboren werden, ist die größte Strafe.
Paßt auf, daß ihr das Fenster nur ganz wenig aufmacht, die sind imstande, es aufzustoßen, um nachzuschaun, wer da guckt.
Mit Marterio
Dir war, als ob du Leute des Nachts im Stall gehört hast? Die Knechte kommen doch erst um sechs. Vielleicht eine Mauleselin, die noch nicht zugeritten ist.