Vermeintliche Gewissheiten einer und eines Unbekannten
Vorwort
Die Vermeintlichen Gewissheiten einer und eines Unbekannten wurden mir im vergangenen Jahr, dosiert, zugespielt. Ohne jegwede Vorankündigung lagen die verschweißten Salzgebäckdosen einmal pro Woche vor meiner Tür. Da ich, aus Gründen, die ich hier nicht weiter en détail erörtern möchte, aber vielleicht im Nachwort erwähnen werde, da ich seit dem Machtwechsel Probleme mit den Ordnungshütern habe, bin ich weder zur Polizei noch zum Staatsschutz gegangen, um die Dosen durchleuchten zu lassen, sondern habe mich, nach dem Wurf einer Münze, dazu entschlossen, die Metallbüchsen mit einem elektrischen, ferngesteuerten Dosenöffner aufzubrechen. Zu meinem Erstaunen fand sich, außer deliziösen Schokoladencookies, in den Konserven stets ein Blatt Papier mit – wie soll ich die Sprüche nennen? – fragmentarischen Lebenseinsichten. Die kurzen Sätze als Lebensweisheiten zu bezeichnen, wäre, scheint mir, unangebracht, etliche sind moralisch verwerflich oder, was mich mehr als die Anrüchigkeit stört, bewusst unlogisch, geradezu hanebüchen.
Wie auch immer, das Manuskript, das haben Texte nun mal an sich, vergisst alsbald seine Entstehung, schlägt die Hände, die es schreiben, beiseite, spricht - will es überdauern - allein für sich, wird, hat es Glück, zum mythologischen Text, dessen Schlüssigkeit eine des kräftigen Beharrens, nicht der schwächlichen Genauigkeit, der vermeintlich unverfälschten Zulassung und gestandenen Zugehörigkeit ist.
Mir droht demnächst, das sei der Vollständigkeit halber noch erwähnt, die baldige Verhaftung; deswegen und um die Seltsamkeiten, die mich durchs unangenehme letzte Jahr begleitet haben, nicht verloren zu geben – die Häscher würden die Vermeintlichen Gewissheiten einer und einer Unbekannten, angesichts des gegenwärtigen geistigen Klimas, wenn nicht zerstören, so doch zumindest in unzugänglichen Archiven verschwinden lassen – um die Aphorismen, die mir neben Denkfrust ab und an auch Freude bereitet haben, mit anderen zu teilen, habe ich einen leidlich verschwiegenen Bekannten gebeten, die zweiundfünfzig Phrasenkonvolute peu à peu im anstehenden Jahr zu veröffentlichen.
Damit der Halbfreund, der dafür bekannt ist, wieder und wieder über Sätze zu gehen, der regelrecht dafür berüchtigt ist, keinen Textbaustein auf demselben zu lassen, damit er nicht an den Vermeintlichen Gewissheiten herumdoktort, habe ich ihn auf alle Lexika und Grammatiken der Welt schwören lassen, die Lebenseinsichten sogleich aufzunehmen – er bildet sich einiges auf seine Rezitiationskunst ein – und sie unverzüglich zu publizieren.
Vorwort
Die Vermeintlichen Gewissheiten einer und eines Unbekannten wurden mir im vergangenen Jahr, dosiert, zugespielt. Ohne jegwede Vorankündigung lagen die verschweißten Salzgebäckdosen einmal pro Woche vor meiner Tür. Da ich, aus Gründen, die ich hier nicht weiter en détail erörtern möchte, aber vielleicht im Nachwort erwähnen werde, da ich seit dem Machtwechsel Probleme mit den Ordnungshütern habe, bin ich weder zur Polizei noch zum Staatsschutz gegangen, um die Dosen durchleuchten zu lassen, sondern habe mich, nach dem Wurf einer Münze, dazu entschlossen, die Metallbüchsen mit einem elektrischen, ferngesteuerten Dosenöffner aufzubrechen. Zu meinem Erstaunen fand sich, außer deliziösen Schokoladencookies, in den Konserven stets ein Blatt Papier mit – wie soll ich die Sprüche nennen? – fragmentarischen Lebenseinsichten. Die kurzen Sätze als Lebensweisheiten zu bezeichnen, wäre, scheint mir, unangebracht, etliche sind moralisch verwerflich oder, was mich mehr als die Anrüchigkeit stört, bewusst unlogisch, geradezu hanebüchen.
Wie auch immer, das Manuskript, das haben Texte nun mal an sich, vergisst alsbald seine Entstehung, schlägt die Hände, die es schreiben, beiseite, spricht - will es überdauern - allein für sich, wird, hat es Glück, zum mythologischen Text, dessen Schlüssigkeit eine des kräftigen Beharrens, nicht der schwächlichen Genauigkeit, der vermeintlich unverfälschten Zulassung und gestandenen Zugehörigkeit ist.
Mir droht demnächst, das sei der Vollständigkeit halber noch erwähnt, die baldige Verhaftung; deswegen und um die Seltsamkeiten, die mich durchs unangenehme letzte Jahr begleitet haben, nicht verloren zu geben – die Häscher würden die Vermeintlichen Gewissheiten einer und einer Unbekannten, angesichts des gegenwärtigen geistigen Klimas, wenn nicht zerstören, so doch zumindest in unzugänglichen Archiven verschwinden lassen – um die Aphorismen, die mir neben Denkfrust ab und an auch Freude bereitet haben, mit anderen zu teilen, habe ich einen leidlich verschwiegenen Bekannten gebeten, die zweiundfünfzig Phrasenkonvolute peu à peu im anstehenden Jahr zu veröffentlichen.
Damit der Halbfreund, der dafür bekannt ist, wieder und wieder über Sätze zu gehen, der regelrecht dafür berüchtigt ist, keinen Textbaustein auf demselben zu lassen, damit er nicht an den Vermeintlichen Gewissheiten herumdoktort, habe ich ihn auf alle Lexika und Grammatiken der Welt schwören lassen, die Lebenseinsichten sogleich aufzunehmen – er bildet sich einiges auf seine Rezitiationskunst ein – und sie unverzüglich zu publizieren.